Foto: EKATERINA BOLOVTSOVA, pexels.com, gemeinfrei
Deutschlandweit steigen die gewalttätigen Übergriffe auf LSBTIQ*-Menschen: 2022 wurden bundesweit 1.005 Straftaten registriert, ein Anstieg von 15% gegenüber dem Vorjahr. In Hessen wurden 2022 zum Beispiel 20 Körperverletzungen registriert, gegenüber sieben im Vorjahr; insgesamt kamen 2022 in Hessen 53 Fälle queerfeindlicher Gewalt zur Meldung.
Klingt verhältnismäßig niedrig? Die Dunkelziffer bei Gewalt gegen LSBTIQ* ist hingegen immens: Laut einer Untersuchung des LSVD beläuft sie sich auf 80 bis 90%.
Um die Betroffenen besser zu schützen, handelt nun das Hessische Justizministerium und hat Mitte Juli Dr. Nils Lund, Staatsanwalt und Pressesprecher bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt, als hessischen Beauftragten für die Verfolgung von LSBTIQ*-feindlicher Gewalt eingesetzt. Die Arbeit des Beauftragten ist Teil der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus Hessen. Lund ist damit zentraler Ansprechpartner für die Polizei und die dortigen Ansprechpersonen für LSBTIQ*.
Weiterhin kümmert Lund sich um Vernetzung innerhalb der Community, ist justizinterner Ansprechpartner und soll auf eine einheitliche Rechtsanwendung bei der Bearbeitung queerfeindlicher Delikte hinwirken.
„Angriffe, Bedrohungen und Beleidigungen, denen Menschen der LSBTIQ*-Community immer wieder und inzwischen verstärkt ausgesetzt sind, sind unerträglich“, sagte Justizminister Roman Posek anlässlich der Berufung von Nils Lund. „Wir müssen das Toleranzversprechen unseres Grundgesetzes gerade in Zeiten der Zunahme extremer Kräfte am rechten Rand stärken und alle Menschen schützen“. Roman Posek kündigte außerdem an, die statistische Erfassung der Fälle zu verbessern, um ein präzises Lagebild zu erhalten.
Die Einführung des neuen Beauftragten erntete bei den anderen demokratischen Parteien positive Resonanz; lediglich die SPD merkte an, dass dieser Schritt längst überfällig gewesen sei: Florian Schneider, MdL und queerpolitischer Sprecher der SPD Hessen, bezieht sich auf zwei entsprechende Anfragen seiner Partei, worauf noch vor einem halben Jahr keine besondere Erhöhung der Gefährdung und kein Handlungsbedarf innerhalb der Justiz gesehen wurde. „Die queere Community darf nicht für Wahlkampfzwecke missbraucht werden“, kritisiert Schneider. Ein SPD-Antrag im Haushaltsentwurf auf Ansprechpersonen bei der Polizei, die diese Tätigkeit hauptamtlich ausführen, wurden ebenfalls von den Regierungsfraktionen abgelehnt, sagt Schneider.