Eins ist sicher: Im neuen Jahr müssen wir mit allem rechnen. Im alten konnten wir uns darin immerhin schon etwas üben, als in einigen Bundesländern Parteien an die Regierung kamen, die es im Vorjahr noch gar nicht gab, und die Bundespolitik das Land so lange per hü und hott lenkte, bis der Karren an die Wand gefahren war.
mit KI erstellt
Dampfkutsche fährt in eine queere Zukunft
"Die Bundespolitik lenkte das Land so lange per hü und hott, bis der Karren an die Wand gefahren war."
Seitdem ist es wahrscheinlich, dass bei Erscheinen der Kolumne für den Monat März ein Mann ähnlichen Namens zum ersten Wagenlenker des Landes gewählt worden sein wird. In vielen Bereichen, die an dieser Stelle im vergangenen Jahr zur Sprache kamen, sollen dann die Zügel herumgerissen werden.
Rückschritt ist Fortschritt
Dass man ein Verbot der sogenannten Gendersprache in einem Koalitionsvertrag als politisches Ziel einer unionsgeführten Regierung festhalten kann, hat ein Parteikollege in Hessen bereits bewiesen. Auch das eben erst aus der Taufe gehobene Selbstbestimmungsgesetz für trans* Menschen dürfte nicht ungewandelt bleiben, und die gegenwärtigen Regelungen zur Cannabis-Legalisierung könnten sich ebenfalls in Rauch auflösen. Kriminalisiert werden möglicherweise künftig sexuelle Dienstleistungen, denn Konservative und Alt-Feministinnen träumen seit Jahren vom sogenannten Sexkaufverbot, mit dem einvernehmliche Prostitution unter Strafe gestellt werden soll. Auch die unter Männern.
Nonne statt Transfrau
Es war im vergangenen Jahr schön, dass immer mehr queere Menschen in „normalen“ Rollen im deutschen Fernsehen zu sehen waren – bis hin zu einer transidenten Darstellerin in der Rolle einer Kriminalkommissarin, womit der Olymp der deutschen TV-Kultur erklommen war. Die Bundespolitik wird sie nicht unmittelbar vom Dienst suspendieren können, denn Rundfunk ist Ländersache. Die Kommission jener Ebene hat sich jedoch darauf verständigt, mehrere öffentlich-rechtliche Spartensender zu streichen. Gerade diese Nischensendeplätze waren Heimat der queeren Subkultur. Wenn das Programm nun insgesamt komprimiert wird, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass künftig statt Transfrauen wieder mehr Nonnen ermitteln werden.
mit KI erstellt
Kutsche
Wer auch immer künftig auf dem bundesdeutschen Kutschbock Platz nimmt, sitzt hinter einem lahmenden Gaul. Die deutsche Wirtschaft meldet eine Hiobsbotschaft nach der anderen. Mit ihrem ehemals sprudelnden Steueraufkommen wurden seit jeher politisches Versagen eingeebnet und ideologische Gräben zwischen Koalitionspartnern verfüllt. Außerdem ließ es Spielraum für Investitionen, beispielsweise in die Stärkung der Zivilgesellschaft. Wie viele LGBTIQ*-Strukturen von den Bundesförderprogrammen für Vielfalt und gegen Extremismus aufgebaut und erhalten wurden, wird man sehen, wenn diese Unterstützungen zusammengestrichen werden. Eine Herausforderung, die die queeren Communitys gleichzeitig nötigt, aus der Not eine Tugend zu machen, alte Zöpfe abzuschneiden und überkommende Mantras aufzugeben. Welche das sind, könnte das neue Jahr zeigen.