
Foto: Luis Boza / NurPhoto / AFP
Tausende Menschen feierten am vergangenen Samstag laut und farbenfroh auf der Europride-Parade in Lissabon. Mit Regenbogenfahnen, bunten Ballons und klaren politischen Botschaften zogen sie durch die zentrale Avenida de la Liberdade. Während auf den Straßen für Sichtbarkeit gekämpft wurde, machte online ein Begriff die Runde: „Pride Fatigue“.

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Die Bilder aus der portugiesischen Hauptstadt zeigen: Tausende Teilnehmende aus ganz Europa waren dem Ruf zur Europride gefolgt, dem Höhepunkt einer Woche voller Ausstellungen, Konzerte und Konferenzen. Die Organisator*innen betonten in einer Pressemitteilung, wie wichtig es sei, angesichts der Bedrohung von „Grundrechten“ in einer sich schnell verändernden Welt „wachsam“ zu bleiben.

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Diese Wachsamkeit hat in Portugal einen konkreten Grund: den Aufstieg der rechtsextremen Partei Chega („Genug“). Obwohl Portugal seit der Legalisierung der gleichgeschlechtlichen Ehe 2010 als eines der fortschrittlichsten Länder Europas in Bezug auf LGBTIQ*-Rechte gilt, wächst die Sorge, dass diese hart erkämpften Freiheiten in Gefahr sind.
„Die extreme Rechte greift immer zuerst die Minderheiten an.“

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So brachte es der Teilnehmer Stéphane Fanucchi gegenüber AFP auf den Punkt. Auch die 29-jährige Claudia Trindade betonte, warum sie auf der Straße war:
„Es ist wichtig, hier zu sein, um unseren Rechten Gehör zu verschaffen und für unsere Anerkennung zu kämpfen. Denn die Freiheit kann jederzeit verloren gehen.“
Leere Straßen oder nur eine Momentaufnahme?

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Im Kontrast zu den Berichten über eine volle Parade sorgte ein TikTok-Video für Aufsehen, das eine fast menschenleere Europride zeigte.
„Pride fatigue is real“,
kommentierte ein User. Ist die Community müde vom ständigen Kämpfen und Feiern? Kritische Stimmen merkten an, das Video sei bereits am Mittag aufgenommen worden, bevor die Parade richtig in Schwung kam. Dass die Parade alles andere als ausgestorben war, beweist auch unsere Fotostrecke. Die Bilder zeigen eindrücklich das bunte und rege Treiben in den Straßen Lissabons.
Vielleicht sollte ein algorithmusgetriebener Video-Hit nicht gleich zur Sinnkrise hochstilisiert werden?
Die Debatte über eine mögliche „Pride-Müdigkeit“ ist allerdings nicht neu. Vielmehr ist sie Ausdruck und teilweise Mittel vieler reaktionärer Gesellschaftsteile: Sprüche wie „Müssen Schwule jetzt immer dabei sein?“ oder „Ehe geht, was wollt ihr denn noch?“ gehören zum verächtlich machenden Standardrepertoire von Vielfaltsgegner*innen. Da kommt die Diskussion über Prides, die angeblich floppen, ganz recht.
Auch bei der Zürich Pride ist man sich uneins. „In meinem Umfeld ist keine Ermüdung spürbar, aber in der Gesellschaft schon“, erklärte Marlies (54) gegenüber „20 Minuten“. Sie ist überzeugt: Solange die gesellschaftliche Akzeptanz nicht vollständig erreicht ist, müsse Mensch weiterhin auf die Straße gehen.
Ein Kampf, der weitergeht
Der Pride March in Lissabon, vergleichbar mit dem CSD hierzulande, fand in einem Land statt, das Homosexualität bis 1982 unter Strafe stellte. Die Fortschritte seitdem – von der Ehe für alle über das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare bis hin zu Gesetzen gegen die Diskriminierung von trans Personen – zeigen, was eine engagierte Gemeinschaft erreichen kann. *ck/AFP/20minuten.ch