Eine neue Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, veröffentlicht am Donnerstag, schlägt Alarm: In nahezu allen Bereichen der Polizeiarbeit besteht ein deutliches Risiko für Diskriminierung. Von Personenkontrollen bis hin zur internen Behandlung von Beamten – das Problem scheint tief zu sitzen.

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Ferda Ataman, Antidiskriminierungsstelle des Bundes
Die Forschenden der Berliner Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR) haben sich dafür intensiv mit verschiedenen Bereichen polizeilichen Handelns auseinandergesetzt. Das Ergebnis? Ein ernüchternder Spiegel unserer Gesellschaft, wie es die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, bei der Vorstellung der Studie treffend formulierte: „Die Polizei ist ein Spiegelbild der Gesellschaft – und deshalb auch nicht frei von Diskriminierung.“
Wo lauern die Fallen?
Die Studie identifiziert mehrere kritische Punkte:
- Personenkontrollen: Hier kann es zu willkürlichen Kontrollen aufgrund von Herkunft, Alter oder Geschlecht kommen. Das berüchtigte Racial Profiling, also Kontrollen aufgrund der Hautfarbe, ist dabei ein besonders dunkles Kapitel. Die Studie hebt hervor: „Besonders junge, männliche Personen mit Migrationshintergrund stehen oft im Fokus der Polizei.“ Solche Kontrollen, die an Diskriminierungsmerkmale des Grundgesetzes anknüpfen, sind schlichtweg rechtswidrig.
- Notrufe und Beschwerden: Auch hier droht Diskriminierung. Werden Notrufe von Obdachlosen oder psychisch Erkrankten nicht ernst genommen? Oder werden die Anliegen älterer Frauen von vornherein als weniger glaubwürdig abgestempelt? Das Ergebnis: Die Polizei könnte den Hilferufen weniger nachkommen.
- Innerhalb der eigenen Reihen: Ein besonders relevanter Punkt für unsere Community: Die Studie zeigt auf, dass auch homo- oder transsexuelle Polizeikräfte Benachteiligung und Diskriminierung erfahren können. Zudem gibt es Hinweise auf mangelnde passende Beschäftigungen für chronisch kranke, ältere oder behinderte Beamte.
Handlungsbedarf und Forschungslücken
Studienautorin Daniela Hunold betonte, dass in allen untersuchten Bereichen Diskriminierungsrisiken gefunden wurden und zudem „erhebliche Forschungslücken“ bestehen. Besonders der polizeiliche Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmesituationen sei kaum erforscht.
Die Konsequenz: Die Studie fordert nicht nur mehr Forschung, sondern auch eine stärkere Sensibilisierung der Polizeikräfte durch entsprechende Schulungen. Der Ausbau von Beschwerde- und Ombudsstellen sowie die verpflichtende Erfassung von Diskriminierungsvorfällen sind weitere wichtige Schritte.
Das Vertrauen der Bevölkerung steht auf dem Spiel
Ferda Ataman unterstreicht die zentrale Rolle der Polizei in unserem Rechtsstaat, die „das Vertrauen aller Menschen in Deutschland“ benötige. Die Studie soll einen Beitrag dazu leisten, die Polizeiarbeit zu verbessern. Sie fordert mehr Schulungen innerhalb der Polizei und eine Stärkung des Amtes des Polizeibeauftragten des Bundes sowie entsprechende Beauftragte in allen Bundesländern.
Auch der Polizeibeauftragte des Bundes, Uli Grötsch, schlug bei der Studienvorstellung ernste Töne an. Er berichtete von Racial-Profiling-Vorfällen bei Grenzkontrollen und betonte:
„Jeder Vorfall von Polizeigewalt, Racial Profiling oder rechtsextremen Polizei-Chats schädigt alle anderen Beamtinnen und Beamten, die mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Grundgesetzes stehen.“
Grötsch kritisierte zudem, dass Fortbildungen bei der Bundespolizei aufgrund des Personalmangels, bedingt durch die verschärften Grenzkontrollen, „bei weitem nicht mehr in dem Ausmaß möglich“ seien, wie es eigentlich nötig wäre. *AFP