Die Diskussion rund um Cannabis beschränkt sich häufig auf gesundheitliche Risiken, Fragen der Legalisierung und die gesellschaftliche Akzeptanz des Konsums. Weniger Beachtung finden dabei potenzielle Nebeneffekte, die auf den ersten Blick überraschend wirken mögen – etwa die mögliche Wirkung von Cannabis auf das Sexualverhalten. In den letzten Jahren haben verschiedene Studien Hinweise darauf geliefert, dass Cannabiskonsum mit einer höheren Häufigkeit sexueller Aktivität korrelieren könnte. Was zunächst nach einem Klischee klingt, wird zunehmend Gegenstand seriöser wissenschaftlicher Betrachtung. Dabei rückt eine neue Perspektive auf das Verhältnis zwischen Genussmitteln und Intimität in den Fokus.

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Cannabis-Konsum erzeugt Genussmomente auf vielfältigen Ebenen.
Forschungsergebnisse legen Zusammenhang nahe
Daten aus den USA deuten darauf hin, dass Personen, die regelmäßig Cannabis konsumieren, tendenziell häufiger Geschlechtsverkehr haben als Abstinente. So etwa eine groß angelegte Studie der Stanford University aus dem Jahr 2017, die über 50.000 Menschen untersuchte und einen statistisch signifikanten Zusammenhang zwischen Konsumhäufigkeit und sexueller Aktivität fand. Entscheidend ist die hohe Qualität von Cannabis, die beispielsweise bei medizinischen Cannabisblüten von CanDoc gegeben ist.
Korrelation oder Kausalität?
Die Studienautorinnen und -autoren betonen jedoch, dass es sich um eine Korrelation handelt, nicht um eine Kausalität. Es bleibt offen, ob Cannabis tatsächlich ein direkter Einflussfaktor ist oder ob beispielsweise bestimmte Persönlichkeitsmerkmale sowohl zu häufigerer sexueller Aktivität als auch zu einer höheren Wahrscheinlichkeit des Cannabiskonsums führen. Somit besteht nach wie vor ein Bedarf an weiterer wissenschaftlicher Forschung, dennoch deuten die Erkenntnisse auf einen Zusammenhang hin.
Psychologische und physiologische Effekte
Cannabis beeinflusst das zentrale Nervensystem ebenso wie die Wahrnehmung von Zeit, Körpergefühl und Emotionen. Diese Effekte könnten erklären, warum sich Konsumierende in einem Zustand erhöhter Sensibilität und Entspannung befinden – Bedingungen, die sexuelle Aktivitäten begünstigen. Zudem wirken bestimmte Cannabinoide, allen voran THC, angstlösend und euphorisierend. Gerade diese Kombination scheint für viele Konsumierende eine Form der Enthemmung zu erzeugen, die sowohl die sexuelle Lust steigert als auch Hemmschwellen senkt. Dennoch bleibt der individuelle Effekt stark variabel.
Zwischen Mythos und Realität
In populären Medien wird Cannabis oft als aphrodisierendes Mittel dargestellt, ein Bild, das auch in der Musik- und Filmindustrie kultiviert wurde. Die Realität ist jedoch komplexer: Während viele Nutzerinnen und Nutzer von einer intensiveren sexuellen Erfahrung berichten, erleben andere das Gegenteil – eine gedämpfte Libido oder Konzentrationsprobleme. Wie bei vielen Substanzen hängt vieles von der Dosis, der Konsumform, dem individuellen Gesundheitszustand und der Situation ab. Hohe Dosen können etwa die körperliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen und zu sogenannten "Lethargieeffekten" führen, was kontraproduktiv für sexuelle Aktivität wäre. Folgende Kriterien sind hingegen für eine gesteigerte sexuelle Aktivität förderlich:
- verstärkte Wahrnehmung von Berührungen
- Verbesserung der Körperwahrnehmung und ein daraus resultierendes höheres Selbstwertgefühl
- gelegentliche Verlängerung von Phasen sexueller Erregung
- Anregung der Vorstellungskraft
- Schmerzlinderung, was für Schmerzpatienten Sex überhaupt erst möglich macht
Einfluss auf Beziehungen und Intimität
In Beziehungen fungiert gemeinsamer Cannabiskonsum gelegentlich als verbindendes Ritual. Wenn beide Partner ähnliche Erfahrungen machen und sich in einem entspannten Zustand befinden, fördert dies die emotionale Nähe. In manchen Fällen wird Cannabis sogar gezielt eingesetzt, um Spannungen abzubauen und die Kommunikation über intime Themen zu erleichtern. Andererseits erzeugt ein ungleichmäßiger Konsum auch Spannungen – etwa, wenn ein Partner konsumiert und der andere dies ablehnt. Dann kann Cannabis auch zum Trennfaktor werden. Die Wirkung auf das Sexualleben innerhalb von Partnerschaften ist also ebenso differenziert wie der Umgang mit der Substanz selbst.
Kommunikation über den Cannabis-Konsum ist entscheidend
Ein offener Austausch über den Cannabis-Konsum innerhalb einer Partnerschaft ist essenziell, da unterschiedliche Einstellungen, Erfahrungen oder Erwartungen leicht zu Missverständnissen oder Spannungen führen. Während der eine Partner Cannabis als förderlich für Intimität oder Entspannung erlebt, empfindet der andere womöglich Unbehagen, Ablehnung oder Sorgen hinsichtlich gesundheitlicher oder emotionaler Auswirkungen. Eine ehrliche Kommunikation schafft Raum für Verständnis, ermöglicht das Abwägen gemeinsamer Werte und hilft, Grenzen zu respektieren. So lässt sich eine Lösung finden, die beiden gerecht wird – sei es durch bewusste Abstinenz, kontrollierten Konsum oder klare Vereinbarungen für bestimmte Situationen.
Medizinische Perspektiven und Risiken

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Cannabis wirkt sich auf vielfältige Weise auf Körper und Geist eines Menschen aus.
In der medizinischen Forschung wird zunehmend untersucht, wie Cannabis zur Behandlung sexueller Dysfunktionen eingesetzt werden könnte. Erste Erkenntnisse deuten darauf hin, dass insbesondere Patientinnen mit bestimmten Schmerzerkrankungen von einer Verbesserung ihrer Sexualität durch medizinisches Cannabis berichten. Allerdings warnen Mediziner vor potenziellen Risiken: Chronischer Konsum kann den Testosteronspiegel senken und die Spermienqualität beeinträchtigen. Psychische Nebenwirkungen wie Antriebslosigkeit oder Abhängigkeit wirken sich ebenfalls langfristig negativ auf das Sexualleben aus.
Chancen und Grenzen von Cannabis für das Sexualleben
Der Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und sexueller Aktivität ist ein vielschichtiges Thema. Während wissenschaftliche Studien Hinweise auf eine erhöhte sexuelle Aktivität unter Konsumierenden geben, bleiben Fragen zur Ursache-Wirkung-Beziehung offen. Cannabis hat zweifelsohne Effekte, die das Erleben von Intimität beeinflussen, sei es durch körperliche Entspannung, emotionale Öffnung oder eine veränderte Sinneswahrnehmung. Ob dies positiv oder negativ wirkt, hängt jedoch stark vom individuellen Kontext ab. Eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Thema jenseits von Klischees und moralischen Schnellurteilen ist daher unerlässlich.