
Foto: Milena Andree
Tobias Herrmann-Schwarz
Er ist Psychologe, Paartherapeut und Sexualberater – und ist für die Community da. Für uns hatte der Berliner Queer etwas Zeit, um etwas von seiner Arbeit zu erzählen.
Was genau muss #mensch sich unter einer Paartherapie vorstellen? Konflikte kommen in jeder Beziehung vor. Paartherapie ist dann angebracht, wenn diese Konflikte nicht mehr ohne Hilfe von außen lösbar erscheinen. Ich freue mich aber auch immer besonders über Menschen, die präventiv zu mir kommen, um eine Art Beziehungs-Check-In zu machen: Wo stehen wir gerade, welche Themen beschäftigen uns, wo gibt es Konfliktpotenzial, was läuft eigentlich gut? In meiner Praxis haben wir dann den geschützten Raum, um uns alle Themen genauer anzuschauen. Dabei geht es häufig um sexuelle Identität, Kommunikation, Treue und Untreue oder gemeinsame Quality Time. Ich bin systemisch ausgebildet, das heißt, ich versuche alle Perspektiven und alle Menschen, die eine Rolle spielen könnten, zu erfassen. Mir ist wichtig, dass möglichst frei von Scham und Ängsten gesprochen werden kann. Ich helfe dem Paar – oder allen anderen möglichen Beziehungskonstellationen – dabei, Knoten zu lösen, die Gedanken sowie auch Verhalten in neue Richtungen zu lenken und somit Lösungen zu finden. Ich bin oft selbst überrascht, wieviel Ideen dann doch in vorerst ausweglos erscheinenden Situationen stecken können. Um auf diese Ideen zu kommen, hilft ein neutraler Raum.
Haben Queers andere Paarprobleme als Heterosexuelle? Im Kern eigentlich nicht. In der Regel sind alle Menschen gleich, was die Grundbedürfnisse in Beziehungen angeht: Wir wollen gesehen und verstanden werden, wir wollen uns geliebt fühlen, wir wollen Sicherheit, Respekt, aber auch unsere Autonomie behalten. Je nachdem, welche Erfahrungen Menschen im Leben gemacht haben und wie vergangene Beziehungen gelaufen sind, sind die Bedürfnisse verschieden ausgeprägt oder überhaupt (nicht) bekannt. So kann es zu Missverständnissen oder Frustration kommen. Bei Queers spielen bestimmte Subgruppen-Normen manchmal noch eine Rolle, wie z. B. die Erwartung man müsse grundsätzlich für eine Poly-Beziehung offen sein. Das Thema Normenorientierung und Auseinandersetzung damit, haben aber eigentlich auch alle Personen, die zu mir in die Therapie kommen. Ich gehe sehr sensibel mit Diskriminierungserfahrungen um. Die erleben Queers deutlich häufiger als Hetero-Paare.
Und Trans*? Auch trans* Personen sind in meinen Augen Queers und damit auch ganz normale Menschen mit ihren ganz normalen Problemen. Besonderheiten entstehen hier möglicherweise, weil einfach Erfahrungen gemacht werden, wie eben die Transition, die bei anderen Paaren nicht vorkommen. Ob der Geschirrspüler richtig eingeräumt wurde oder als Mensch so angenommen zu werden, wie man eben ist, das kommt bei trans* Menschen in Beziehungen genauso vor wie bei lesbischen, schwulen, nicht-binären oder hetero Paaren.
*Interview: Michael Rädel
paartherapie-herrmann-schwarz.de
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